4 Tage. 96 Stunden. 5760 Minuten. Eine Klausur. Solange habe ich noch Zeit bis ich mich von Halifax verabschieden muss. Hört sich dramatisch an und in manchen Momenten fühlt es sich auch genau so an - dramatisch. Da mein Abschied zu kurz bevor steht, möchte ich diesen Post nutzen, um auf meine vergangenen 4 Monate hier in Halifax zurück zu blicken und vielleicht auch ein kleines Fazit zu ziehen. Dabei versuche ich auch so gut wie möglich noch zu berichten was alles nach meinem Bostonausflug passiert ist. Ich gebe mein Bestes, versprochen!
After Boston - back to school...
Dass nach die Zeit nach Boston auf jeden Fall mit Arbeit verbunden war mir bewusst. Die volle Realität traf mich aber dann am Montagmorgen nach unserem Ausflug. Zwei Essays und eine Präsentation fällig noch in dieser Woche. Das heißt nun einmal mehr: Nase in die Bücher stecken und versuchen das Beste noch heraus zu holen. Irgendwie gelingt es mir sogar alles fristgerecht ab zu geben und auch meine Präsentation läuft gut. Aber danach ist leider kaum an ausruhen zu denken, denn bis zum 1. Dezember sind meine beiden finalen Essays fällig, ein Quiz steht an und ein "Take-Home-Exam". Zwischenzeitlich habe ich das Gefühl, dass ich am besten jeden Morgen im Bett bleibe. Vielleicht geht es ja vorbei. Der Gedanke, dass ich dafür nur ein Examen haben werde, hilft etwas. Nur scheinen alle außer mir genau jetzt unglaublich viel Zeit zu haben und dafür dann in den letzten Tagen umso mehr lernen zu müssen. Irgendwie stehe ich aber auch diese Essays durch und ich muss zugeben, dass ich nicht völlig überzeugt von meinen Werken bin .. aber mal sehen was dabei noch so rum kommt. Ich möchte eigentlich auch nicht zu viel Zeit mit Klagen verbringen und lieber auch ein wenig davon berichten was sonst noch so in meinen Leben los war - ja denn es gab auch noch ein Leben neben dem Lernen (und das sollte man sich auch auf jeden Fall immer zu gestehen).
Halloween...
Ein kleiner Nachtrag. Halloween war vor Boston, aber so ganz unkommentiert möchte ich das Nichtlassen. An Halloween war eine dieser großartigen Lernpausen. Tagsüber konnte ich aus meinem Zimmerfenster schon viele verkleidete Kinder von Haustür zu Haustür ziehen sehen. Die Kanadier lieben Halloween - schon Wochen vorher findet man Spinnennetze und Plastikgrabsteine in Vorgärten. Sogar die Angestellten der Mensa haben sich zur Feier des Tages verkleidet. Irgendwie seltsam das Essen von einem blutigen Kochen serviert zu bekommen. Am Abend waren wir zu einer Hausparty bei einem Freund geladen und tatsächlich sind alle verkleidet erschienen. Das kennt man ja von zu Hause oft anders. Man muss dazu sagen, dass Halloween nicht ausschließlich 'gruselig' bedeutet. Jede Verkleidung geht und die kanadischen Mädels bevorzugen dann sehr gerne die 'sexy' Variante. Der ein oder andere lässt dann doch das Kostüm sein. Im Anschluss an das "Vortrinken" hatten wir Tickets zu einer größeren Party - der Halifax Freakshow. Ca. 2000 Leute in einer großen Halle, schlechte Musik und zu teure Drinks ... aber wir hatten trotzdem Spaß. Zwar sind mir einige Details des Abends entfallen, aber es war eine lange Nacht. Besonders schön war, dass es nicht nur Deutsche waren, sondern auch viele andere mit unterwegs waren. Aber da Bilder oftmals mehr sagen als Worte....
Eishockey...
...konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen hier in meiner Zeit in Kanada. Ich habe mir gemeinsam mit 7 anderen Mädels ein Spiel der Halifax Mooseheads angesehen und muss sagen, dass ich mehr als begeistert war. Das Spiel ist nicht nur unglaublich schnell, sondern auch durchaus aggressiv. Dass sich zwei Spieler an den Kragen gehen und sich mehr als einmal in die Bande stoßen, passiert nicht zu selten. Mit einem Hotdog und ein Bier lässt sich das ganze natürlich noch besser genießen. Wir sind überrascht (und glücklich), dass wir wenigstens beim Sport entspannt unser Bier trinken können. Manchmal ist das ganze ja nicht so einfach in Kanada.
Winter is coming ...Von wegen!
Beim Packen meines Koffers vor meiner Reise wäre ich fast verzweifelt. Habe ich genug dicke Pullis? Habe ich genug Mützen und Schals? Werden meine Schuhe für den Schnee ausreichen? All der Stress umsonst. Anstatt der erwarteten Schneemassen begrüßt mich morgens entweder Regen oder Sonnenschein. Nur an einem einzigen Morgen war so etwas wie Frost auf den Dächern der Häuser. Aber ansonsten: Nichts! Nichts! Ich dachte ich würde hier in Schnee versinken. Tja, hätte ich mich vorher doch einfach einmal besser über das Klima in Halifax informiert. Vor Januar werden hier kaum Schneemassen erwartet, aber dann geht es richtig los. Teilweise erzählten mir Kanadier, dass sie im vergangenen Winter über 5 Tage die Residence nicht verlassen konnten, da kein Durchkommen durch den Schnee möglich war. Aber sie hatten früh genug eine Warnung erhalten und konnten 'Hamstereinkäufe' machen. Irgendwie bin ich ja froh, dass ich davon verschont werde. Auf der anderen Seite bin ich auch ein wenig traurig - ich wollte unbedingt richtigen Schnee. Und dann bekommt Deutschland auch noch Schnee. Gemein. Aber dafür gab es hier die Möglichkeit noch einmal den wunderschönen Park neben der Uni zu genießen. In den Lernpausen gab es den ein oder anderen Sonnenspaziergang. Kalt ist es nur ab und zu. Das kälteste bisher war -5 Grad, aber es soll kälter werden nachdem wir abgereist sind. Das ist schon ok so.
Jingle Bells, Jingle Bells, Jingle Bells ...
..es weihnachtet in Halifax. Trotz Unistress sind fast alle schon voller Vorfreude. Auch wenn ich in diesem Jahr leider keinen Adventskalender habe, läuft die Weihnachtsplaylist schon vor dem 1.Dezmeber hoch und runter. Zum Glück bin ich mit meiner Vorfreude nicht allein und so versuchen wir uns so gut wie mögliche den Weihnachtszauber von zu Hause nach Halifax zu bringen. Leider ist das gar nicht so einfach wie gedacht. Von unseren wunderbaren Plätzchen kann man mehr oder weniger nur träumen, weil es einfach nicht die richtigen Zutaten gibt. Trotzdem backen wir und sie schmecken, naja sagen wir sehr gut für Halifaxverhältnisse. Außerdem reden wir unglaublich viel über Weihnachten. Die anderen Internationals erzählen wir wie sie in ihrer Heimat Weihnachten feiern - oder eben auch nicht feiern. Ich versuche zu erklären, was an unserer Vorweihnachtszeit (zum Beispiel die Adventssonntage) besonders ist und sehne mich immer mehr nach einem Glühwein, gebrannten Mandeln und einer Bratwurst. Tatsächlich gibt es einen Weihnachtsmarkt in Halifax. Aber nur für einen Abend, mit ca. 10 Ständen .. aber mit Glühwein! Ihr glaubt gar nicht wie gut ein mittelmäßiger Glühwein schmecken kann. An diesem Abend wird auch der offizielle Weihnachtsbaum in Halifax das erste Mal erleuchtet. Viele Leute kommen. Ich bin leider zu spät, aber mein Foto habe ich dann doch noch bekommen. Bereits Ende Novemeber fand eine Christmas Parade statt. Unzählige Mottowägen, die durch die Stadt fahren und ganz am Ende Santa Claus. Während der Parade regnet es leider, aber das macht den wetterfesten Kanadiern nichts aus. Selbst die ganz Kleinen harren auf dem Bürgersteig aus bis Santa schließlich vorbei fährt und HOHOHO ruft. Tatsächlich fühlt es sich schon sehr seltsam an, wenn dir unzählige Menschen im November "Merry Christmas" zu rufen. Aber das kann meine Vorfreude ja nur steigern. Zum Glück lässt sich auch jeder Anlass zum Feiern nutzen und so veranstalten wir eine Christmasparty. Natürlich micht passender Verkleidung. Ich verkleide mich als Geschenk. Unteranderem sind auf der Party Rentiere, Engel, die heiligen drei Könige, ein Tannenbaum und viel mehr zu finden.
Ich freue mich schon so darauf am 22. Dezember direkt vom Flughafen zum Weihnachtsmarkt zu fahren und alles nach zu holen, was ich verpasst habe. Und noch mehr freue ich mich auf das gemeinsame Weihnachtsfest mit meiner Familie. Wir sind inzwischen ein Wasmuth mehr und da steht noch ein Kennenlernen aus. Noch 15 Tage bis Weihnachten!
Time to say GOODBYE...
...und da ist er. Der Teil dieses Posts, der mir unglaublich schwer fällt. Nur noch 4 Tage. Das sind nur noch 4 Tage bevor meine Reise gemeinsam mit Midschi nach Ottawa, Montreal und Quebec beginnt. Aber es sind auch meine letzten 4 Tage hier in Halifax. Die ersten Verabschiedungen habe ich schon hinter mir. Und bei jedem Treffen mit den anderen frage ich mich: Ist das wirklich das letzte Mal, dass wir uns sehen werden? So sehr ich mich auch auf zu Hause freue, dieser Abschied wird kein leichter. Ich habe die Leute, die ich hier kennen lernen durfte, wirklich in mein Herz geschlossen. Wenn ich an die vielen Tage denke, an denen wir einfach sinnlos gemeinsam in unser Mensa saßen und einfach geredet haben, dann werde ich traurig. Wir werden nie mehr so zusammen kommen. Bei manchen (vorallem vielen Deutschen) weiß ich, dass wir uns wieder sehen können und werden. Bei anderen weiß ich aber auch, dass sie wohl nicht nach Deutschland kommen werden und ich auch nicht noch einmal nach Halifax zurück kehre. Aber man sagt ja, dass man sich immer zwei Mal im Leben sieht - darauf hoffe ich! Alle, die ich kennen lernen durfte, haben mein Auslandssemster zu dieser einmaligen Erfahrung gemacht. An manchen Tagen hat es sich schon angefühlt, wie eine kleine Familie. Im Dezember ist unser 'Küken' 18 geworden und wir waren alle gemeinsam Essen. Sie war völlig überwältigt von unserem Geschenk und zum ersten Mal ist den meisten unter uns bewusst geworden, dass diese Zeit bald vorbei sein wird. Ich bin nicht die Einzige, die so sehr mit dem Abschied kämpft. In den letzten Tagen fallen immer wieder die Sätzen .."wenn ihr weg seid, wird es hier so leer sein". Tatsächlich haben wir erst heute erfahren, dass wir schon einen Namen unter den anderen Studenten bekommen haben. Unsere Gruppe wurde "Docksidesquat" getauft, weil man uns immer zusammen, stundenlang in der Mensa sitzen sieht und wir meistens der Tisch mit dem meisten Gelächter sind. Ich hoffe sehr, dass ich sich viele Wege noch einmal treffen werden. Bevor ich jetzt aber zu emotional bin, belasse ich es dabei. In den nächsten vier Tagen muss noch eine Klausur geschrieben werden, das 'Koffer-Chaos' überwunden werden und meine Abreise vorbereitet werden. Achja, und der große, finale Abschied am Samstag. Aber egal wie der Abschied aussehen mag, ich bin unendlich dankbar, dass diese Menschen in mein Leben getreten sind und ich diese wundervollen Monate gemeinsam mit Ihnen erleben durfte.