Mein heutiger Posttitel scheint auf den ersten Blick kaum Sinn zu machen. Was hat denn bitte Hogwarts, das magische Schloss aus Harry Potter, mit meiner Reise zu tun? Abgesehen davon, dass ich die Harry Potter Reihe liebe und man eigentlich überall auf der Welt (also auch im schönen Halifax) jemanden finden kann, der das auch tut? Tja, ich durfte mich in den vergangenen Tagen für einen kurzen Moment so fühlen als würde ich selbst nach Hogwarts einziehen. Zumindestens ganz kurz. Am vergangenen Freitag fand um die Mittagszeit das große "President luncheon" statt - ein traditionelles Mittagessen mit allen neuen Studenten der Universität. Ganz besonders dabei: die neuen Studenten lassen sich ein leckeres Essen schmecken, dass von den Fakultätsleitern, den verschiedenen Professoren und sogar dem Präsidenten der Uni ausgegeben wird. Meine Fakultätsleiterin stand mir also mit einer Schürze gegenüber und verteilte eine ordentliche Kelle Lasagne auf meinen Teller während wir ein kleines Pläuschen hielten. Wieder einmal geht es darum, dass alle Lehrenden den persönlichen Kontakt zu ihren Studenten suchen und sie in einer mehr oder weniger informellen Umgebung kennen lernen wollen! Ich finde das wirklich super! Man kann sich ganz ungezwungen unterhalten und lernt sich einfach nett kennen. Nach dem Essen findet dann die hochoffizielle Zeremonie statt. Wir dürfen uns ins Universitätsregister eintragen. Doch vorher erhalten wir alle schwarze Roben! Genau die Roben, die man normalerweise aus den High School Filmen kennt. Ohne Hut - den bekommt man erst zum Abschluss. Dann kommt mein Harry-Potter-Moment. Ein lange Reihe mit schwarz gekleideten Studenten läuft zu traditioneller Dudelsackmusik hinter ihrem Präsidenten her und schreitet auf das alte Unigebäude zu. Ich weiß nicht wie so, aber irgendwie ist dieser Moment faszinierend und seltsam gleichzeitig. Seltsam, weil ich nur für vier Monate ein Teil dieser Gemeinschaft sein werde. Faszinierend, weil man hier das Gefühl hat, dass Universität Tradition und Anerkennung bedeutet. Wenn ich bedenke, dass unsere deutschen Universitäten um einiges älter (und damit traditionsreicher?) sind, bringt mich das zum Grübeln. Naja, auf jeden Fall schreiten wir in die Halle ein und die Zeremonie beginnt. Es werden Reden gehalten, Piano gespielt usw. Alles in allem ein wunderschönes Begrüßungsritual. Das Tragen der Robe bleibt für mich aber mein Highlight, ganz einfach aus dem Grund, dass mir das zu Hause nie möglich sein wird.
Gegen Abend herrscht gute Stimmung auf dem Unigelände. Das erste Footballspiel der Saison steht an. Scheinbar ist Football hier eine große Sache. Neben Eishockey natürlich. Obwohl es auch Rugby-, Fußball-, Tennis-, und Volleyballteams gibt, wird nur um Hockey und Football ein großes "TamTam" gemacht. Ich freue mich darauf das Spiel zu sehen. Vorher gönnen wir uns aber noch ein kleines Bierchen in unserem Unipub. Ganz so wie man es sich vorstellt, wird am Anfang des Spiels die kanadische Nationalhymne gespielt und als diese endet, brechen alle in Jubel und Geschrei aus. Diese Euphorie hält aber nicht gerade lange an, denn wir werden vernichtend mit 38:6 vom gegnerischen Team geschlagen. Nicht nur diese Niederlage, sondern auch das Spiel an sich gefallen mir nicht. Viel zu viele Unterbrechungen, es dauert ewig, schnell passiert schon mal gar nichts und: es ist das unattraktivste Spiel, dass ich je gesehen haben. Die meisten Spieler in der "Defense" haben einfach ein ungesundes Körpergewicht und dabei viel zu enge Trikots. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Spieler kaum in der Lage wären einen kurzen Lauf zu überstehen. Da es hier aber auf ihre Kraft ankommt und nicht auf ihre Gesamtfitness, ist das aber nur nebensächlich. Niederlage bleibt Niederlage. Und ein Footballfan werde ich in meiner Zeit hier wohl auch nicht werden.
Ein paar weitere Eindrücke vom SMU-Campus ...
Am Tag nach dem großen Spiel habe ich scheinbar noch nicht genug von Sport und gehe morgens zu einer Zumbaklasse und ins Gym. Direkt danach schaue ich mir ein Spiel des Rugbyteams an, dass in Stadtzentrum statt findet. Naja, um ehrlich zu sein, spielt einer der Franzosen dort mit und wir gehen mit der ganzen Gruppe gemeinsam zum Spiel, um ihn zu unterstützten. Er hat im Vorfeld genau einmal am Training teilgenommen und darf direkt im Spiel teilnehmen. Er spielt in Frankreich auch in einem Team, ganz anders aber Halos - ein Deutscher - der nicht einmal alle Regeln kennt und im Training Rugby das erste Mal gespielt hat. Er wird vom Trainer prompt mit einem Trikot auf die Bank gesetzt. Er selbst und wir alle machen immer wieder Witze. Dementsprechend geht auch dieses Spiel katastrophal für uns aus, aber Rugby ist ein super spannendes Spiel! Schnell, viele Pässe, viel Körpereinsatz und Aktion! Ich werde mir definitiv noch einmal ein Spiel anschauen! Direkt nach dem Spiel heißt es dann aber leider : HAUSAUFGABEN. Ja, ganz richtig. Ich werde meinen Samstagabend so wie es aussieht am Schreibtisch verbringen. Es wartet eine ganze Menge an Lesestoff auf mich, der bis Montagmorgen durchgelesen sein will. Schließlich habe ich 305$ für all diese Bücher bezahlt. Es soll sich ja auch lohnen. In diesem Sinne: Schönes Wochenende und viele Grüße von mir und meinen Büchern!