Tara
Wo sollen
wir anfangen? Erst einmal: Juhuuu, in Tara gibt es tatsächlich eine
Bücherei, die WIFI bzw. Computer mit Internetzugang besitzt(blöde Sache nur von
21.12 – 02.01 ist sie geschlossen). Eine Nachricht, die uns beide wirklich sehr
gefreut hat, als wir hier angekommen sind. Nach unseren ewigen (so haben sie
sich zu mindestens angefühlt) Busfahrten mit Stopps in Brisbane und Towoomba,
fahren wir mittags gegen 12.40 Uhr an dem Ortsschild mit der Aufschrift „Tara“ vorbei. Als die ersten Häuser an
uns vorbei ziehen, die Sonne vom Himmel knallt, der Horizont endlos scheint und
wir schließlich neben einer einsamen Tankstelle aussteigen, realisieren wir,
dass vor uns eine wohl oft sehr, sehr, sehr langweilige Zeit liegt. Tara hat
ca. 800 Einwohner, die direkt im Ort leben und ca. 500 weitere, die außerhalb
auf Farmen wohnen. Eigentlich eine recht gute Einwohnerzahl, wenn man es mit
Nicoles Heimat Langendorf (ca. 400 oder so) vergleicht. Das Problem ist: Jeder
andere Ort ist erst in mind. 1 Stunde Fahrt zu erreichen und ein Bus verlässt
den Ort nur an zwei Tagen in der Woche(das nenn ich mal Infrastruktur, dabei
sind wir nur 4h Fahrt im Inland!). Wir werden wohl für einige Zeit Tara nicht
mehr verlassen.
Unsere Wohnung |
Unser romantisches Ehebett - weihnachtlich! |
Wir steigen
aus dem Bus und gehen in Richtung „Hauptstraße“, in der sich eine kleine
Bäckerei, ein kleiner Supermarkt (natürlich die überteuerte Kette), ein paar
andere „Geschäfte“ und schließlich auch unsere neue Arbeitsstelle „Commercial
Hotel Tara“ befinden. Wir gehen einfach zum Haupteingang mit unseren Backpacks
rein und werden direkt von den Besitzern des Hotels begrüßt. Wir werden in
unsere eigene „Wohnung“ gebracht- im Obergeschoss des Hotels gibt es einen Teil
mit Zimmern, der nicht mehr vermietet wird und eine Wohnung mit Wohnzimmer, 2
Bädern und mehren Schlafräumen umfasst. Wir richten uns ein und entscheiden,
dass wir zusammen in einem Zimmer im Doppeltbett schlafen, weil wir uns sonst
so alleine fühlen in der großen Wohnung. Hört sich romantisch an, oder? Tja
nach 3 Monaten haben wir uns so sehr aneinander gewöhnt, dass wir nicht mehr
ohne einander einschlafen können(Was machen wir denn dann, wenn wir wieder zu
Hause sind?). Kaum unsere Sachen abgestellt, bekommen wir Arbeitskleidung und
werden direkt gefragt, ob wir nach einer Dusche (wir müssen wohl nicht mehr
sehr frisch ausgesehen haben…)in der Bar aushelfen können. Kein Problem- gibt
ja eh nichts Besseres zu tun und Geld noch dazu! So kommt es, dass wir an
diesem Tag einige der anderen Barmädchen, alle aus Tara stammend, treffen und
von Ihnen in die Aufgaben an der Bar eingeführt werden. Zur Bar gehört noch ein
Bottleshop, in dem wir nebenher noch Alkohol verkaufen. Teilweise sind wir an
diesem Tag wirklich überfordert, weil bisher keine von uns so richtig in einer
Bar gearbeitet hat- ABER mit viel
Charisma und Nicken und Lächeln (was wir andauern tun, weil wir teilweise die
Leute dank Slang einfach nicht verstehen, wenn sie mit uns reden!) bekommen wir
unseren ersten Tag an der Bar rum.
Hier merken
wir so richtig, dass wir auf dem Land angekommen sind. Wir hatten schon von
anderen gehört, dass in den Pubs den ganzen Tag die gleichen Leute sitzen, ein
Bier nach dem anderen trinken und den ganzen Tag an Glücksspielautomaten (den
Pokies) sitzen, aber wir dachten, dass das vielleicht eine Ausnahme ist. Hier
werden wir eines besseren belehrt. An der Bar sitzen die meiste Zeit alte
Männer und lassen sich ein Bier nach dem anderen servieren. Sobald das Glas
leer ist, füllen wir es auf und man weiß einfach schon, was jeder von Ihnen
trinkt. Der Pokieraum ist immer belegt und teilweise hocken dort Leute
stundenlang und verzocken (wirklich verzocken) ihr Geld. Man merkt, dass diese
Leute kaum aus Tara herauskommen und in ihrem Leben so gut wie nichts passiert.
Wir wundern uns auch gar nicht mehr, dass man an der Bar kaum Unterhaltungen
hört, sondern alle schweigend nebeneinander sitzen. Wir können uns in Millionen
Jahren nicht vorstellen, solch ein Leben zu führen. Aber weil wir bezahlt
werden und die Leute auch trotzdem wirklich nett sind, nicken und lächeln wir
weiter und verstehen sie auch inzwischen immer besser.
An unserem
ersten Abend fallen wir einfach nur ins Bett, kaputt von der Reise und dem
ersten Arbeitstag. Am nächsten Morgen geht es aber schon um 7 Uhr weiter für
Imke. Sie hat heute Putzdienst und wird von einer der Putzfrauen eingewiesen.
Nicole darf länger schlafen, denn sie muss erst ab 11 Uhr hinter die Bar und
über die Mittagszeit Essensbestellung aufnehmen.
Entspannen nach harter Arbeit! |
So ähnlich
kann man sich auch nun den allgemeinenTagesablauf der vergangenen ersten Woche
von uns vorstellen. Jeden Morgen arbeitet eine von uns im Housekeeping, die
andere dafür am Abend an der Bar. Am nächsten Tag ist es genau andersrum.
Bisher können wir sagen, dass uns die Arbeit manchmal sogar Spaß macht,
besonders weil wir hier echt nette Leute haben, die uns betreuen. Doch wir
müssen auch sagen, dass wir uns manchmal echt verausgaben.
Besonders die Arbeit
im Hauskeeping ist wirklich anstrengend. Ein Hotelzimmer werden wir nicht mehr
mit Selbstverständlichkeit betreten. Wenn man morgens ab 7 Uhr selbst auf den
Knien sitzt und Duschen/ Toiletten schrubbt, Betten macht und staubsaugt wie
verrückt, sieht man so ein sauberes Hotelzimmer mit ganz anderen Augen. Dank
der Hitze (über 40 Grad an einem Tag!) schwitzen wir uns fast zu Tode und
fallen nur noch auf die Couch, wenn wir gegen 12 Uhr fertig werden. Im
Hauskeeping sieht man zu dem auch manchmal Sachen, die man manchmal gar nicht
sehen mag – aber dazu später mehr. Die Arbeit
an der Bar ist in diesem Sinne etwas abwechslungsreicher.
Mit abwechslungsreich
meinen wir: A Es ist überhaupt
NICHTS los und man kann Zeitung lesen, Schwätzchen halten, oder zum 50. Mal die
selbe Stelle der Bar polieren ODER B man
rennt förmlich vom Kühlschrank, zum Zapfhahn, zum Bottleshop, zur Küche, zum
Kunden (was eigentlich an jedem Freitagabend normal ist) und spürt, dass die
Füße langsam taub werden. Wir müssen zugeben, dass uns der Stress manchmal,
trotz tauber Füße, besser gefällt, denn dann geht die Zeit schneller rum und
man hat keine Langeweile. Besonders herausfordernd ist auch erst einmal zu
kapieren, was genau die Leute eigentlich von uns wollen. Oder hat von Euch
schon mal jemand von Pott, Scooner,
Firetruck, Fruittingel, Jägerbomb, Lemon-Lime-Bitters gehört? Nein? Tja,
wir auch nicht. Aber nach einigen Abenden werden unsere Fragen an die anderen
Mädels weniger und wir wissen schon ein bisschen mehr, was unsere Bararbeit
angeht.
Nach einer
Woche arbeiten, haben wir uns hier schon recht gut eingelebt. Man steht auf,
man arbeitet und langweilt sich. Man fragt sich vielleicht, was wir so machen,
wenn wir nicht arbeiten. Um ehrlich zu sein – das fragen wir uns auch! Manchmal
ist es hier so extrem langweilig. Besonders, wenn man erst abends ab 18 Uhr
arbeiten muss und den ganzen Tag Zeit hat. Wir vertreiben uns die Zeit mit
Lesen (gut, dass die Bücherei gleich 3 Bücher auf einmal verleiht!), Fernsehen,
unsere Wohnung dekorieren und aufräumen (auch wenn sie schon ordentlich ist), malen,
essen und – haltet euch fest- schwimmen. Ja, richtig gehört! Es gibt in Tara
ein Schwimmbad, das sogar kostenlos ist. Die einzige Tätigkeit, die man hier so
wirklich machen kann. Zum Pool und ein paar Bahnen schwimmen. Imke freuts‘,
schließlich ist Schwimmen ihr Ding, Nicole findet es auch ganz nett. Durch
Langeweile entstehen manchmal auch kreative Ideen. Imke wird übrigens Friseuse
– sie probiert Frisuren an Nicole aus und vor lauter Langeweile wird eben mal
der ganze Kopf mit kleinen Zöpfen voll geflochten (Nein Bilder können wir davon
leider, leider nicht online stellen). Uns beiden gefällt der Zeitvertreib mit
dem Essen richtig gut. Zu Mittag und Abend können wir alles (!!!) von der Restaurantkarte bestellen, d.h. jeden Tag ein
Steak, Nudeln, Salate, Burger und so weiter. Noch haben wir nicht die gesamte
Karte durchprobiert – aber keine Angst, bis wir wieder abreisen, dürfte das
erledigt sein. Aber schon jetzt können wir einige Gerichte empfehlen, also wenn
ihr mal Lust habt, nach Tara zu kommen und was Gutes zu essen, fragt einfach
uns ;-) !
Besonders
schön ist es für uns auch, dass uns eines der Mädchen an Weihnachten (hier in
Australien traditionell der 25.Dezember) zu sich und ihrer Familie eingeladen
hat. Sie hat uns sogar Geschenke gekauft, weil sie findet, dass wir nicht nur
daneben sitzen können, wenn ihre Familie auspackt. Andernfalls wären wir beide
an diesem Tag völlig alleine im Hotel geblieben. Denn die Chefs sind selbst auf
Weihnachtsreise und das Hotel ist geschlossen. So müssen wir nicht ganz allein
und traurig dort sitzen.
Zum guten
Schluss noch ein paar Dinge, die uns wirklich nochmal in emotionale Höhenflüge
gebracht haben. Eine gut und eine weniger gute Sache. Zunächst die weniger
gute.
WENIGER GUT: Eines Abends entspannen wir uns
nach anstrengender Arbeit auf dem Sofa, als ein Schatten über unseren Boden
huscht. Schnell, präzise, groß und verdammt EKLIG! Keine 2 Sekunden später
steht Nicole schreiend auf dem Sofa „Iiiiiiiiih, Imke! Hilfe, mach das weg!“.
Nicole vertraut auf Imkes Mut, schaut ihr zu, als sie eine schnelle Bewegung
macht und mit gekonnter Kraft – selbst auf das Sofa springt und ruft „ Iiiiih,
was zur Hölle ist das?? Mach du das weg!“. Eine dicke, fette und widerliche
Bug. Ein Kakerlakenähnliches Geschöpf,
das sogar fliegen kann. Starr vor Angst schauen wir zu, wie die Bug unter
unserem Wohnzimmertisch verschwindet. Imke nimmt ihren Mut zusammen und hebt
den Tisch hoch. Keine 2 Sekunden und Imke steht wieder schreiend auf dem Sofa.
Unter dem Tisch befinden sich 3 weitere Bugs, die auseinander laufen und sich
schließlich unter dem Sofa verstecken. Uns überfällt absoluter Ekel! Überall
sehen wir es kriechen und krabbeln. Im Wohnzimmer bleiben wir nicht mehr. Als
sich die dickste von allen, dann auch noch durch den Flur in ein anderes Zimmer
bewegt, laufen wir in unser Zimmer und entscheiden uns lieber schnell schlafen
zu gehen. Aber so richtig schlafen können wir auch nicht, weil wir uns fragen,
wie viele von Ihnen unter unserem Bett sitzen und nur darauf warten uns anzugreifen.
Am nächsten Morgen ist entgiften angesagt! Mit einem Spray sprühen wir den Raum
ab und unter dem Sofa. Von diesem Spray sollen sie sterben. Wir vertrauen
darauf, dass sie unter dem Sofa alle kläglich verrottet sind. Doch nein! Eine
Bug krabbelt über das Sofa, genau dort wo eine Minute vorher Nicole noch mit
ihrem Buch lag, und Imke greift all ihren Mut zusammen und geht in den direkten
Kampf. Gefangen unter einem Glas, voll gesprüht mit Tonnen von Gift, bezwingen
wir die erste Bug. Am nächsten Morgen endlich die Erlösung. Fünf fette, eklige, aber nun endlich tote Bugs
werden von Imke in den Müllsack und mit dem Müllsack aus der Wohnung befördert.
Dieser Kampf wäre vorerst gewonnen.
GUT: Nach einer Woche haben wir
unseren ersten Gehaltscheck bekommen. Da macht das Arbeiten doch direkt wieder
mehr Spaß. Im Wohnzimmer hängt ab jetzt die „Gute-Laune-Liste“ – der aktuelle
Kontostand.
In diesem Sinne,
Bis bald Imke & Nicole