Freitag, 21. Dezember 2012

Tara - We work hard for the money!




Tara

Wo sollen wir anfangen? Erst einmal: Juhuuu, in Tara gibt es tatsächlich eine Bücherei, die WIFI bzw. Computer mit Internetzugang besitzt(blöde Sache nur von 21.12 – 02.01 ist sie geschlossen). Eine Nachricht, die uns beide wirklich sehr gefreut hat, als wir hier angekommen sind. Nach unseren ewigen (so haben sie sich zu mindestens angefühlt) Busfahrten mit Stopps in Brisbane und Towoomba, fahren wir mittags gegen 12.40 Uhr an dem Ortsschild mit der Aufschrift „Tara“ vorbei. Als die ersten Häuser an uns vorbei ziehen, die Sonne vom Himmel knallt, der Horizont endlos scheint und wir schließlich neben einer einsamen Tankstelle aussteigen, realisieren wir, dass vor uns eine wohl oft sehr, sehr, sehr langweilige Zeit liegt. Tara hat ca. 800 Einwohner, die direkt im Ort leben und ca. 500 weitere, die außerhalb auf Farmen wohnen. Eigentlich eine recht gute Einwohnerzahl, wenn man es mit Nicoles Heimat Langendorf (ca. 400 oder so) vergleicht. Das Problem ist: Jeder andere Ort ist erst in mind. 1 Stunde Fahrt zu erreichen und ein Bus verlässt den Ort nur an zwei Tagen in der Woche(das nenn ich mal Infrastruktur, dabei sind wir nur 4h Fahrt im Inland!). Wir werden wohl für einige Zeit Tara nicht mehr verlassen.

Unsere Wohnung




Unser romantisches Ehebett - weihnachtlich!
Wir steigen aus dem Bus und gehen in Richtung „Hauptstraße“, in der sich eine kleine Bäckerei, ein kleiner Supermarkt (natürlich die überteuerte Kette), ein paar andere „Geschäfte“ und schließlich auch unsere neue Arbeitsstelle „Commercial Hotel Tara“ befinden. Wir gehen einfach zum Haupteingang mit unseren Backpacks rein und werden direkt von den Besitzern des Hotels begrüßt. Wir werden in unsere eigene „Wohnung“ gebracht- im Obergeschoss des Hotels gibt es einen Teil mit Zimmern, der nicht mehr vermietet wird und eine Wohnung mit Wohnzimmer, 2 Bädern und mehren Schlafräumen umfasst. Wir richten uns ein und entscheiden, dass wir zusammen in einem Zimmer im Doppeltbett schlafen, weil wir uns sonst so alleine fühlen in der großen Wohnung. Hört sich romantisch an, oder? Tja nach 3 Monaten haben wir uns so sehr aneinander gewöhnt, dass wir nicht mehr ohne einander einschlafen können(Was machen wir denn dann, wenn wir wieder zu Hause sind?). Kaum unsere Sachen abgestellt, bekommen wir Arbeitskleidung und werden direkt gefragt, ob wir nach einer Dusche (wir müssen wohl nicht mehr sehr frisch ausgesehen haben…)in der Bar aushelfen können. Kein Problem- gibt ja eh nichts Besseres zu tun und Geld noch dazu! So kommt es, dass wir an diesem Tag einige der anderen Barmädchen, alle aus Tara stammend, treffen und von Ihnen in die Aufgaben an der Bar eingeführt werden. Zur Bar gehört noch ein Bottleshop, in dem wir nebenher noch Alkohol verkaufen. Teilweise sind wir an diesem Tag wirklich überfordert, weil bisher keine von uns so richtig in einer Bar gearbeitet hat-  ABER mit viel Charisma und Nicken und Lächeln (was wir andauern tun, weil wir teilweise die Leute dank Slang einfach nicht verstehen, wenn sie mit uns reden!) bekommen wir unseren ersten Tag an der Bar rum.
Hier merken wir so richtig, dass wir auf dem Land angekommen sind. Wir hatten schon von anderen gehört, dass in den Pubs den ganzen Tag die gleichen Leute sitzen, ein Bier nach dem anderen trinken und den ganzen Tag an Glücksspielautomaten (den Pokies) sitzen, aber wir dachten, dass das vielleicht eine Ausnahme ist. Hier werden wir eines besseren belehrt. An der Bar sitzen die meiste Zeit alte Männer und lassen sich ein Bier nach dem anderen servieren. Sobald das Glas leer ist, füllen wir es auf und man weiß einfach schon, was jeder von Ihnen trinkt. Der Pokieraum ist immer belegt und teilweise hocken dort Leute stundenlang und verzocken (wirklich verzocken) ihr Geld. Man merkt, dass diese Leute kaum aus Tara herauskommen und in ihrem Leben so gut wie nichts passiert. Wir wundern uns auch gar nicht mehr, dass man an der Bar kaum Unterhaltungen hört, sondern alle schweigend nebeneinander sitzen. Wir können uns in Millionen Jahren nicht vorstellen, solch ein Leben zu führen. Aber weil wir bezahlt werden und die Leute auch trotzdem wirklich nett sind, nicken und lächeln wir weiter und verstehen sie auch inzwischen immer besser. 
An unserem ersten Abend fallen wir einfach nur ins Bett, kaputt von der Reise und dem ersten Arbeitstag. Am nächsten Morgen geht es aber schon um 7 Uhr weiter für Imke. Sie hat heute Putzdienst und wird von einer der Putzfrauen eingewiesen. Nicole darf länger schlafen, denn sie muss erst ab 11 Uhr hinter die Bar und über die Mittagszeit Essensbestellung aufnehmen. 

Entspannen nach harter Arbeit!
So ähnlich kann man sich auch nun den allgemeinenTagesablauf der vergangenen ersten Woche von uns vorstellen. Jeden Morgen arbeitet eine von uns im Housekeeping, die andere dafür am Abend an der Bar. Am nächsten Tag ist es genau andersrum. Bisher können wir sagen, dass uns die Arbeit manchmal sogar Spaß macht, besonders weil wir hier echt nette Leute haben, die uns betreuen. Doch wir müssen auch sagen, dass wir uns manchmal echt verausgaben.

Besonders die Arbeit im Hauskeeping ist wirklich anstrengend. Ein Hotelzimmer werden wir nicht mehr mit Selbstverständlichkeit betreten. Wenn man morgens ab 7 Uhr selbst auf den Knien sitzt und Duschen/ Toiletten schrubbt, Betten macht und staubsaugt wie verrückt, sieht man so ein sauberes Hotelzimmer mit ganz anderen Augen. Dank der Hitze (über 40 Grad an einem Tag!) schwitzen wir uns fast zu Tode und fallen nur noch auf die Couch, wenn wir gegen 12 Uhr fertig werden. Im Hauskeeping sieht man zu dem auch manchmal Sachen, die man manchmal gar nicht sehen mag – aber dazu später mehr. Die Arbeit an der Bar ist in diesem Sinne etwas abwechslungsreicher. 

Mit abwechslungsreich meinen wir: A Es ist überhaupt NICHTS los und man kann Zeitung lesen, Schwätzchen halten, oder zum 50. Mal die selbe Stelle der Bar polieren ODER B man rennt förmlich vom Kühlschrank, zum Zapfhahn, zum Bottleshop, zur Küche, zum Kunden (was eigentlich an jedem Freitagabend normal ist) und spürt, dass die Füße langsam taub werden. Wir müssen zugeben, dass uns der Stress manchmal, trotz tauber Füße, besser gefällt, denn dann geht die Zeit schneller rum und man hat keine Langeweile. Besonders herausfordernd ist auch erst einmal zu kapieren, was genau die Leute eigentlich von uns wollen. Oder hat von Euch schon mal jemand von Pott, Scooner, Firetruck, Fruittingel, Jägerbomb, Lemon-Lime-Bitters gehört? Nein? Tja, wir auch nicht. Aber nach einigen Abenden werden unsere Fragen an die anderen Mädels weniger und wir wissen schon ein bisschen mehr, was unsere Bararbeit angeht.
Nach einer Woche arbeiten, haben wir uns hier schon recht gut eingelebt. Man steht auf, man arbeitet und langweilt sich. Man fragt sich vielleicht, was wir so machen, wenn wir nicht arbeiten. Um ehrlich zu sein – das fragen wir uns auch! Manchmal ist es hier so extrem langweilig. Besonders, wenn man erst abends ab 18 Uhr arbeiten muss und den ganzen Tag Zeit hat. Wir vertreiben uns die Zeit mit Lesen (gut, dass die Bücherei gleich 3 Bücher auf einmal verleiht!), Fernsehen, unsere Wohnung dekorieren und aufräumen (auch wenn sie schon ordentlich ist), malen, essen und – haltet euch fest- schwimmen. Ja, richtig gehört! Es gibt in Tara ein Schwimmbad, das sogar kostenlos ist. Die einzige Tätigkeit, die man hier so wirklich machen kann. Zum Pool und ein paar Bahnen schwimmen. Imke freuts‘, schließlich ist Schwimmen ihr Ding, Nicole findet es auch ganz nett. Durch Langeweile entstehen manchmal auch kreative Ideen. Imke wird übrigens Friseuse – sie probiert Frisuren an Nicole aus und vor lauter Langeweile wird eben mal der ganze Kopf mit kleinen Zöpfen voll geflochten (Nein Bilder können wir davon leider, leider nicht online stellen). Uns beiden gefällt der Zeitvertreib mit dem Essen richtig gut. Zu Mittag und Abend können wir alles (!!!) von der Restaurantkarte bestellen, d.h. jeden Tag ein Steak, Nudeln, Salate, Burger und so weiter. Noch haben wir nicht die gesamte Karte durchprobiert – aber keine Angst, bis wir wieder abreisen, dürfte das erledigt sein. Aber schon jetzt können wir einige Gerichte empfehlen, also wenn ihr mal Lust habt, nach Tara zu kommen und was Gutes zu essen, fragt einfach uns  ;-) !
Besonders schön ist es für uns auch, dass uns eines der Mädchen an Weihnachten (hier in Australien traditionell der 25.Dezember) zu sich und ihrer Familie eingeladen hat. Sie hat uns sogar Geschenke gekauft, weil sie findet, dass wir nicht nur daneben sitzen können, wenn ihre Familie auspackt. Andernfalls wären wir beide an diesem Tag völlig alleine im Hotel geblieben. Denn die Chefs sind selbst auf Weihnachtsreise und das Hotel ist geschlossen. So müssen wir nicht ganz allein und traurig dort sitzen.
Zum guten Schluss noch ein paar Dinge, die uns wirklich nochmal in emotionale Höhenflüge gebracht haben. Eine gut und eine weniger gute Sache. Zunächst die weniger gute. 

WENIGER GUT: Eines Abends entspannen wir uns nach anstrengender Arbeit auf dem Sofa, als ein Schatten über unseren Boden huscht. Schnell, präzise, groß und verdammt EKLIG! Keine 2 Sekunden später steht Nicole schreiend auf dem Sofa „Iiiiiiiiih, Imke! Hilfe, mach das weg!“. Nicole vertraut auf Imkes Mut, schaut ihr zu, als sie eine schnelle Bewegung macht und mit gekonnter Kraft – selbst auf das Sofa springt und ruft „ Iiiiih, was zur Hölle ist das?? Mach du das weg!“. Eine dicke, fette und widerliche Bug.  Ein Kakerlakenähnliches Geschöpf, das sogar fliegen kann. Starr vor Angst schauen wir zu, wie die Bug unter unserem Wohnzimmertisch verschwindet. Imke nimmt ihren Mut zusammen und hebt den Tisch hoch. Keine 2 Sekunden und Imke steht wieder schreiend auf dem Sofa. Unter dem Tisch befinden sich 3 weitere Bugs, die auseinander laufen und sich schließlich unter dem Sofa verstecken. Uns überfällt absoluter Ekel! Überall sehen wir es kriechen und krabbeln. Im Wohnzimmer bleiben wir nicht mehr. Als sich die dickste von allen, dann auch noch durch den Flur in ein anderes Zimmer bewegt, laufen wir in unser Zimmer und entscheiden uns lieber schnell schlafen zu gehen. Aber so richtig schlafen können wir auch nicht, weil wir uns fragen, wie viele von Ihnen unter unserem Bett sitzen und nur darauf warten uns anzugreifen. Am nächsten Morgen ist entgiften angesagt! Mit einem Spray sprühen wir den Raum ab und unter dem Sofa. Von diesem Spray sollen sie sterben. Wir vertrauen darauf, dass sie unter dem Sofa alle kläglich verrottet sind. Doch nein! Eine Bug krabbelt über das Sofa, genau dort wo eine Minute vorher Nicole noch mit ihrem Buch lag, und Imke greift all ihren Mut zusammen und geht in den direkten Kampf. Gefangen unter einem Glas, voll gesprüht mit Tonnen von Gift, bezwingen wir die erste Bug. Am nächsten Morgen endlich die Erlösung. Fünf  fette, eklige, aber nun endlich tote Bugs werden von Imke in den Müllsack und mit dem Müllsack aus der Wohnung befördert. Dieser Kampf wäre vorerst gewonnen.

GUT: Nach einer Woche haben wir unseren ersten Gehaltscheck bekommen. Da macht das Arbeiten doch direkt wieder mehr Spaß. Im Wohnzimmer hängt ab jetzt die „Gute-Laune-Liste“ – der aktuelle Kontostand.
In diesem Sinne,
Bis bald Imke & Nicole