Dienstag, 22. Dezember 2015

Quebec City

Nach unser letzten Nacht in Ottawa brechen wir nach dem Frühstück wieder Richtung Flughafen auf. Zwar nicht, um dort in ein Flugzeug zu steigen, aber unseren Mietwagen abzuholen. Wir haben richtig Lust darauf mit unserem Auto durch die Gegend zu fahren. Natürlich nicht planlos. Unser Ziel des heutigen Tages ist Quebec City. Die Stadt liegt in der gleichnamigen Provinz Quebec. Besonders bekannt als das "französische" Kanada. Diese französische Seite bekommen wir auch sehr schnell zu spüren. Bei unserem ersten Halt nach der Provinzgrenze werden wir überall nur noch auf Französisch angesprochen und auch alle Schilder usw. sind nur noch auf französisch. Ich finde zwar, dass Französisch eine unglaublich schöne Sprache ist - aber mein Unterricht ist leider schon eine Weile her. Ich bin fast schockiert wie viel ich in den letzten Jahren vergessen habe. Nicht mal einen Kaffee und etwas zu Mittag kann ich ohne Probleme (oder ohne Umswitchen auf Englisch) bestellen. Aber wir sehen die nächsten Tage hier einfach mal als ein kleines Übungscamp. Der französische EInfluss lässt sich nicht nur an der Sprache erkennen. Irgendwie erscheinen auch die Menschen anders als noch zuvor in Novia Scotia. Viele Quebecer sagen auch von sich, dass sie nicht aus Kanada kommen, sondern aus Quebec. Bestrebungen für eine Unabhängigkeit Quebecs gibt es auch schon länger. In vielen Situationen habe ich das Gefühl in einem ganz anderen Land zu sein, dabei ist es doch immer noch Kanada. 
Als ich das erste Mal hinter das Lenkrad unseres Autos steige, erlebe ich eine Premiere. Ich bin noch nie zuvor Automatik gefahren. Was zunächst spannend erscheint, entpuppt sich schnell als ziemlich unspektakulär. Mit Tempomat und eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h bleiben beide meiner Füße oft ewig unbewegt. Aber das Fahren macht trotz allem Spaß. Dank unser extra angelegten Playlist singen wir den Großteil der vierstündigen Fahrt von Ottawa nach Quebec durch. Und so vergeht die Zeit auch wie im Flug. Unterwegs stellen wir fest, dass es in Kanada zwar ein Limit von 100 km/h gibt, sich aber so gut wie niemand daran hält. Schneller asls 115 km/h trauen wir uns aber nicht. Meine blitz-freie Karriere soll ja nicht versaut werden. Die Kanadier fahren sowieso wie sie wollen. Mal wird von links überholt und unglaublich knapp eingescherrt, dann passiert das ganze von rechts, oder auch von beiden Seiten gleichzeitig. Das Chaos auf unserer Autobahn und wir hätten permanent Vollsperrungen. Irgendwie schaffen wir es dann aber gut behütet und unversehrt gegen Abend in Quebec einzukehren. Was dann auf uns wartet, macht uns mehr als glücklich. Bei der Planung unserer Reise bin ich auf ein super Hotelangebot gestoßen. Pro Nacht in einem Doppelzimmer im 4 Sterne Hotel zahlen wir pro Person nur 28€. Dass das Hotel einen Pool und einen Whirlpool hat, macht das ganze natürlich noch besser. Dort zieht es uns nach unserer Ankunft auch direkt hin. Entspannt genießen wir den Whirlpool bis unsere Fingerspitzen ganz runzelig sind. Eingewickelt im Bademantel lassen wir den Abend mit Sushi in unserem (riesen) Zimmer ausklingen und haben in der ersten Nacht den ungefähr besten Schlaf der Welt. Unser Auto haben wir in einer Nebenstraße geparkt, in der man über Nacht kostenfrei parken kann. Normalerweise. Normalerweise ist das gar kein Problem. Wir sind ja Sparfüchse (und vielleicht auch ein bisschen geizig) und wollen uns das Parkhaus sparen. Manchmal bezahlt man für solch eine Knausrigkeit. Wir tun das in Höhe von 51$ für meinen ersten - und hoffentlich einzigen - Strafzettel in Kanada. Über Nacht hat es angefangen zu schneinen. Als wir am Morgen aus dem Fenster schauen, sind wir über glücklich. Schnee! Darauf haben wir die ganze Zeit gewartet. In Halifax war es permanent grün und genau einen Tag nachdem wir nach Ottawa abgereist waren, hat es dort geschneit. Aber jetzt endlich haben wir Schnee. Während es in Deutschland nieselt und 15 Grad warm ist, können wir die weiße Pracht genießen. Aber erst nach dem wir den Schock verarbeitet haben. Wir laufen zu der Straße, wo wir am Abend zuvor unser Auto abgestellt haben und dürfen feststellen : kein Auto. Erst glauben wir, dass wir jetzt endgültigt unseren Verstand verloren haben, aber nach 1000 Mal hin und herlaufen müssen wir uns eingestehen - unser Auto ist weg, abgeschleppt. In der Nacht hat es geschneit. Alle Quebecer wissen, dass der städtische Dienst dann alle Wagen abschleppt, um den Schnee zu räumen. Die armen Touristen wissen das leider nicht und übersehen dann ausversehen die Noitz im Hotelfahrstuhl. Schade. Wir ärgern uns 5 Minuten und dann kommt die Einsicht, dass wir sowieso nichts daran ändern können. Wenigstens steht unser Auto nur 10 Gehminuten entfernt auf einem großen Parkplatz und wir müssen nicht noch ewig versuchen unser Auto zu finden.

Nach dieser morgendlichen Eskapade geht es aber gut gelaunt Richtung Altstadt. Richtig gehört - ALTstadt. Im zu Vergleich zu unser europäischen Geschichte ist Kanadas Geschicht sehr jung, aber Quebec ist einer der Orte, an denen man einen Hauch europäische Geschichte wahrnehmen kann. Die Altstadt ist wunderschön- kleine Gassen drängen sich dicht aneinander, schneebedeckte Dächer und über allem thront das berühmte Hotel "Chateau Frontenac". Obwohl es wirklich recht kalt ist, wandern wir mehrer Stunden durch die kleinen Gassen. Zumindest empfinden wir -5 Grad als recht kalt. Ein paar Kanadier begegnen uns mal wieder in Ballerinas (ohne Socken) und in dünnen Jacken. Aber das wundert uns fast schon gar nicht mehr. DUrch die Kälte hungrig geworden, kehren wir in ein traditionelles kanadisches Restaurant ein und lassen uns die kanadische Küche schmecken. Neben "seasoned Meatballs" (= etwas feineres Frikadellen) gibt es noch einen Meatpie (= Blätterteigtorte mit Hackfleischfüllung) und zum Nachtisch einen Ahornsirupkuchen. Normalerweise ist mir hier Nachtisch immer viel zu süß, aber der Kuchen ist himmlisch. Gut gestärkt erkunden wir die Stadt weiter und schauen uns die kleine und sehr schöne Einkaufsgasse "Rue de Champlain" an. Sie erinnert mich sehr an die Oberstadt in Marburg. Nach einem kostenlosen Foto mit dem Weihnachtsmann (der natürlich auch mal wieder ein paar Brocken Deutsch konnte) schauen wir noch kurz am Farmersmarket vorbei. Am Abend liegen wir mal nicht im Pool, sondern wir treffen uns mit einem Freund von Svenja, die mit uns in Halifax studiert hat. Ihr Kumpel Tonio ist gerade ebenfalls in Quebec unterwegs und wir treffen uns in einem typischen Pub. Das Bier schmeckt ausnahmsweise sogar ok (vielleicht ist nach der langen Zeit aber auch einfach unser Anspruch gesunken). Was freuen wir uns auf ein deutsches Bier. Wir verstehen uns sehr gut und verabreden uns auch direkt uns noch einmal in Montreal in den kommenden Tagen zu treffen.

Am nächsten Morgen haben wir eigentlich vor auf einen Berg zu fahren. Wir wollen den Schnee noch einmal so richtig auskosten. Leider ist aber noch nicht genügend Schnee auf den Bergen, um dort Schlitten zu fahren oder anderes zu unternehmen. Deswegen wollen wir in einen Nationalpark 40 Minuten von Quebec entfernt fahren, um dort ein wenig zu wandern. Zuerst muss Midschi sich jedoch eine Winterjacke zu legen. Bei den Minusgraden hatte sie bisher versucht mit dem Zwiebellook durchzukommen, doch sie musste sich eingestehen, dass das nicht mehr funktioniert. Also fahren wir in ein Einkaufszentrum, das auf dem Weg liegt. Es ist riesig, hat eine Achterbahn und Eislaufbahn, und wie das so ist, verbringen wir mehr Zeit dort als geplant. Wir machen uns trotz allem auf den Weg Richtung Nationalpark. Zwischenzeitlich schneit es sehr stark. Die komplette Fahrbahn ist bedeckt und wir sind froh, dass wir Schneeketten an unseren Rädern haben (in Quebec sogar Pflicht). Kurz vor dem Park schwingt das Wetter jedoch um und es fängt an in Strömen zu regnen. Keiner von uns hat Lust durch den Regen zu stapfen. Also trinken wir in einer niedlichen Kleinstadt einen Kaffee (diesmal sogar auf Französisch bestellt) und fahren wieder Richtung Stadt. Allein der Fahrt durch die zugeschneite Landschaft wegen, hat sich unser Ausflug mehr als gelohnt. In Quebec trotzen wir noch einmal dem Regen und laufen gegen Abend noch einmal bis in die Altstadt. Dort gibt es einen 'deutschen' Weihnachtsmarkt, den wir unbedingt noch besuchen wollen. Tatsächlich finden wir gebrannte Mandeln, Glühwein und etwas Bratwurstähnliches. Leider haben wir beide unsere Handys im Hotel liegen gelassen, so dass wir leider keine Fotos haben. Völlig durchfroren wärmen wir uns im Hotel im Whirlpool wieder auf und gönnen uns einen ausgiebigen Faulenzerabend im Bademantel. Nachdem wir am nächsten Morgen ausgeschlafen und ausgecheckt haben, fahren wir noch zu den Montmorency Falls, Wasserfälle außerhalb Quebecs. Diese sind sogar höher als die Niagarafälle. Leider können wir wegen Vereisung nicht ganz nah an die Wasserfälle, aber trotz allem sind sie sehr beeindruckend! Danach geht es zurück in unser Autochen (getauft mit dem Namen Gerda)  und auf Richtung Montreal - unserem letzten Stop auf dieser kleinen Rundreise.



































Sonntag, 20. Dezember 2015

Ottawa


Das Flugzeug senkt sich immer weiter dem Boden entgegen. Unter uns werden Wohngebiete sichtbar, die Vorstädte Ottawas. Völlig übermüdet versuchen wir zu begreifen, dass unsere kleine Reise jetzt endlich los gehen kann und wir unser Auslandssemester hoffentlich mit ein paar wunderbaren letzten Tagen abschließen. Vom Airport in Ottawas Stadtzentrum sind es gerade mal 30 Minuten mit dem öffentlichen Bus. Das ist nicht nur günstig, sondern gibt uns die Möglichkeit uns ein wenig auszuruhen. Unser Hostel liegt nur wenige Gehminuten von der Haltestelle und wir sind mehr als froh, als wir früher als erwartet einchecken können und dann auch noch kostenfrei ein Upgrade erhalten (vom 6er Schlafsaal in einen 4er Zimmer). Eingecheckt haben wir in kein gewöhnliches Hostel. Nein, die nächsten beiden Nächte werden wir in einem ehmaligen Gefägnis übernachten. Schon beim Eintreten sehen wir die schweren Gittertüren und die Stahltreppen. In unserem Zimmer wohnt gemeinsam mit uns eine Koreanerin, die sehr nett ist. Wir sind uns zwar nicht immer sicher was genau sie uns sagen möchte, aber sie schenkt uns sogar zwei koreanische Taschenwärmer. Die können wir auch sehr gut gebrauchen. Es ist deutlich kälter geworden. Inzwischen haben wir nur noch um die 0 Grad. Für Kanadier zwar fast noch "Kurze-Hosen-Wetter", aber uns ist wirklich richtig kalt. Wir erlauben uns keine Pause, kein Nickerchen. Legen wir uns jetzt schlafen, dann stehen wir vor Morgen nicht mehr auf. Außerdem treibt uns der Hunger aus dem Hostel und in die Straßen Ottawas. Eigentlich sind wir auf der Suche nach einem kleinen Bistro für ein Mittagessen. Irgendwie landen wir dann doch in einen Frühstücksbistro und essen das gefühlt beste Frühstück unseres Lebens nachmittags um 14 Uhr. Nachdem wir uns gestärkt haben, wollen wir noch zu einem See außerhalb der Stadt fahren. Wir haben uns ein Tagesticket für den Bus gekauft und müssen dieses ja auch irgendwie nutzen. Der See stellt sich leider als nicht besonders schön heraus. Wir reden uns aber ein, dass ein kleiner Spaziergang gut für die Verdauung ist und uns wach hält. Als es dann aber anfängt zu regnen, wollen wir nichts anderes mehr als in unser Bett. Es ist aber noch viel zu früh. Also zwingen wir uns durch das große Einkaufszentrum zu wandeln. Hier ist es wenigstens warm. Wir wandeln durch die Gegend wie halbtote Zombies. Nutzen jeden Sitzgelegenheit in jedem Laden und kaufen am Ende nichts. Nicht einmal mehr genug Energie ist übrig, um richtig zu Abend zu essen. Und das soll schon etwas heißen. Um 8 Uhr abends liege ich in meinem (großen!!) Hostelbett und bin nach wenigen Minuten eingeschlafen. Ich schlafe an die 12 Stunden bis wir am nächsten Morgen aufwachen und uns erstmal sortieren müssen. Ok. Wir sind in Ottawa. Wir lassen uns das wirklich gute Frühstück im Hostel schmecken und kurz danach gehen wir in die Lobby, um an der Führung durch unser Hostel teilzunehmen. Jeden Morgen bietet das Hostel eine kostenlose Führung durch die erhaltenen Teile des alten Gefängnisses an. Die Tour ist viel spannender als erwartet. Unser Guide nimmt sich wirklich viel Zeit für uns und unsere Fragen. Zeigt uns die verschiedenen Zellen, die teilweise inzwischen Hostelzimmer sind. Sie zeigt uns die Strafzelle für die Gefangenen, die mehere Tage mit dem Gesicht zum Boden nackt im Dunklen liegen mussten, wenn sie sich falsch verhielten. Sie erzählt uns das viele Gefangene der Willkür der Wächter ausgeliefert waren. Sie erzählt uns, dass Kinder mit ihren Eltern im Gefängnis waren und wie früher die absurdesten Gründe zu einer Festnahme führen konnten. Als sie uns im Dunkel einer Zelle erklärt, dass dies der Ort für die Todeskanidaten war, wird uns etwas flau. In diesem Raum waren Menschen, die Tage manchmal Jahre auf ihren Tod gewartet haben. Jeden Tag konnte es soweit sein. Als sie uns dann noch "Gruselgeschichten" erzählt, z.Bsp. dass in Fotos von den Zellen aus dem Nichts Personen auftauchten und die Überwachungskameras nur dort nie länger als 5 Minuten funktionierten, haben wir tatsächlich Gänsehaut. Vorallem weil es danach direkt zu der Stelle geht an der Leute öffentlich gehängt wurde. Eine Klappe, die sich im Boden öffnet und dann den Körper herab fallen lässt. Alles sehr spannend, aber in vielerlei Hinsicht auch etwas unheimlich. Aber eine wirklich tolle Führung! Danach geht es direkt weiter mit unserem Kulturprogramm. Wir gehen in das kanadische Zivilisationsmuseum und verbringen dort fast den gesamten Nachmittag. Das Museum stellt die Geschichte der indianischen Bevölkerung, die noch heute in vielen Reservaten lebt, dar. Auch die Problematik der Boarding Schools und des gestohlenen Landes werden nicht ausgelassen. Nach unserem Museumsausflug wollen wir uns Ottawa's Basillica anschauen. Da diese in weniger als 30 Minuten bereits zu schließen droht, stürmen wir mehr oder weniger in die Kirchen. Mitten in einen Gottesdienst. Sehr, sehr peinlich berührt treten wir in Zeitlupe den Rückweg an. Upps, wir wollten nicht stören - wirklich nicht! Wir nutzen dem Abend noch, um uns das Regierungsviertel Ottawas anzuschauen und haben das Glück eine beeindruckende Lichtshow diret am Parliamenthill bestaunen zu können! Da uns aber mehr als nur kalt ist (und Midschi immer noch verzweifelt auf der Suche nach einer Winterjacke ist), gehen wir nur noch schnell etwas einkaufen und machen uns super leckere Süßkartoffelecken mit Salat und Früchtequark. Es fühlt sich fantastisch an mal wieder Gesundes zu essen. Wir fallen völlig erschöpft ins Bett und freuen uns schon Morgen unser Auto abzuholen und dann Richtung Quebec auf zu brechen. Ottawa ist eine sehr sehenswerte Stadt, doch mehr als 2 Tage mit schmalen Geldbeutel lässt sich eine Stadt nicht ganz ausnutzen.